Wenn ich jetzt auf die Straße ginge oder gar meine Freunde fragen würde: Kennen Sie Theo Schoenaker, dann wäre die Antwort einhellig: NEIN – wer ist das?
Immerhin bin ich froh, dass er es zu einem Wikipedia-Eintrag geschafft hat.
(Anmerkung: ich kenne übrigens Menschen, die ihren eigenen Wikipedia-Eintrag für Marketing-Zwecke selbst erstellt haben oder erstellen ließen…. einfach widerlich!)
Ich hatte die wirkliche Ehre ihn und sein Frau im Rahmen einer seiner Seminare zum Thema „Individualpsychologie“ kennen zu lernen. Das muss wohl so in den 90ern gewesen sein.
Er ist Holländer, Jahrgang 1932 und hier seine Kurzvita aus Wikipedia:
Theo Schoenaker studierte zunächst Klavier und Oboe. Anschließend absolvierte er kaufmännische Ausbildungen und arbeitete einige Jahre als Fremdsprachenkorrespondent.
Anfang der 1960er Jahre folgte eine Ausbildung zum Logopäden. Er arbeitete zusammen mit seiner Frau Antonia (1930–1994), die ebenfalls Logopädin war, in freier Praxis – vor allem mit erwachsenen Menschen, die stottern. Dies erfolgte zunächst in den Niederlanden, später in Deutschland. Er ist Begründer individualpsychologischer Methoden zur Therapie sozialer Störungen sowie Trainingsmethoden zur Förderung und Schulung der Fähigkeit zur Selbst- und Fremdermutigung.
Schoenaker lebt heute mit seiner Frau Julitta in Genemuiden in den Niederlanden. Er ist weiterhin als Vortragsredner, Autor, Supervisor und individualpsychologischer Berater aktiv
Das Treffen mit ihm ist jetzt so viele Jahre her und ich kann mich bis heute an fast alles erinnern. An seine umwerfende positive Ausstrahlung, an sein wirklich gelebtes „Ja zum Leben“, an seine entwaffnende Freundlichkeit, an seinen unbändigen Willen, den Menschen Mut zu geben ihr eigenes Leben sinnvoll zu gestalten.
Nicht ohne Grund trägt sein Bekanntestes seiner vielen Bücher den Titel „Mut tut gut“.
Wenn man ihn erlebt hat, dann wünschte man sich vielleicht, dass er bekannter wäre – trotz einiger Auszeichnungen die er für sein Lebenswerk erhalten hat. Aber wenn man ihn erleben durfte, dann wird auch gleich klar, dass er das für sein Ego gar nicht braucht.
Theo Schoenaker gehört für mich eben zu den Menschen, die ihren eigenen Weg für sich gefunden haben und einen Beitrag zur positiven Entwicklung der Menschen geleistet haben. Sein Ziel war nie das Haus am Starnberger See oder eine Yacht vor Saint Tropez. Theo ist ein wahrer Menschen- und Naturfreund und damit für mich ganz schlicht: ein guter Mensch!
Bis heute praktiziere ich übrigens eine seiner sehr wirksamen Methoden, um das Beziehungsklima in einer Partnerschaft gesund zu halten.
Die Methode nennt sich „ZÜBAMO“. Er suchte damals nach einem guten Namen, aber weil ihm nichts Gutes einfiel und das Modell in seinem damaligen Wirkungsort Züntersbach im Hessischen einfiel, wurde daraus eben kurzerhand das Züntersbacher Modell – abgekürzt ZÜBAMO.
Ich hoffe, er ist mir nicht böse, wenn ich hier aus meiner Erinnerung den Ablauf kurz schildere:
Wendet man das ZÜBAMO mit seinem Partner an, dann macht man folgendes:
Man sitzt oder liegt nebeneinander – auf dem Sofa, auf Stühlen oder auch morgens oder abends im Bett. Das Nebeneinander ist dabei wichtig, weil man die Gesichtsregungen des Partners während des ZÜBAMOs nicht wahrnehmen möchte.
Man gibt dem ZÜBAMO einen festen zeitlichen Raum – in der Regel 5 Minuten. Ein ZÜBAMO beginnt bei 0 und endet Punkt nach 5 Minuten – egal was passiert….
Was passiert also in dieser Zeit?
Jeder der beiden Partner stellt sich in Gedanken zwei Fragen: „was beschäftigt mich zur Zeit?“ oder „was ist mir klar geworden?“.
Im ZÜBAMO gibt es nun eine wichtige Regel: man spricht lediglich die Antworten auf diese beiden Fragen laut aus in den Raum. Der andere erwidert während des ZÜBAMOs direkt darauf NICHTS!
Die Reihenfolge wer was wann sagt ist dabei unwichtig – das ergibt sich.
Beide haben also z.B. 5 Minuten lang einen geschützten Raum, um die Antworten auf diese beiden zentralen Fragen laut auszusprechen, ohne dass der Partner direkt darauf reagiert.
So das Grundprinzip eines ZÜBAMO.
So kann es passieren, dass vielleicht nur einer der Beiden etwas sagt wie z.B.: „mich beschäftigt in letzter Zeit die Tatsache, dass wir weniger zärtlich miteinander sind als sonst“ und dann ist die restliche Zeit – und 5 Minuten können lang werden – einfach Stille.
Oder es kommen von Beiden mehrere Aussagen wie z.B. „mir ist letzte Woche klar geworden, dass ich mich zuwenig um meine Töchter kümmere“ und der Partner kurz darauf sagt „Mir ist diese Woche mal wieder klar geworden, wie wichtig Du eigentlich für mich bist!“ und er/sie weitersagt „Mich beschäftigt aber auch, ob ich das immer gut genug zum Ausdruck bringe…“
Man gibt also nur eine direkte Antwort auf einer der beiden Fragen: „was beschäftigt mich gerade?“ „Was ist mir klar geworden?“ – also auch kein langer Monolog über die Begründung oder weitere Details, denn das fordert den anderen zwangsläufig zu einer Erwiderung und es ist NICHT Sinn und Zweck während dieser 5 Minuten eine Diskussion zu führen!!
Wichtig ist eben nur, der selbst gesteckte zeitliche Rahmen bleibt aufrecht, man schaut sich nicht an, man gibt keine direkten Erwiderungen. Man hört einfach zu, was der Partner laut in die Welt sagt.
Nach dem ZÜBAMO kann man sich wieder einander zuwenden, diskutiert über das was man gehört hat oder geht manchmal sogar einfach wieder direkt ins Tagesgeschehen über und überlässt dem „großen System“ alles Weitere.
Der Nutzen ist evident. Ein Partnerschaft lebt davon, dass kleine Schwelbrände sich nicht zu einer Feuersbrunst ausweiten. Wichtige oder gar schwierige Dinge dem Partner zu offenbaren ist nicht immer leicht. Es erfordert Mut. Aber um bei Theo’s Leitspruch zu bleiben: MUT TUT GUT!
Und so habe ich diese kleine Übung niemals vergessen und so widme ich meine heutigen Gedanken einem großen guten Menschen!
Danke Theo für Dein Wirken!