Es ist unbestreitbar, dass es zu den Hauptaufgaben einer Führungskraft gehört, gute Entscheidungen zu treffen. Schön wäre es auch, wenn diese Führungskraft dann auch noch die Verantwortung für das Resultat dieser Entscheidung übernähme – was in der Praxis leider nicht immer der Fall ist.
Es ist interessant, dass ich selbst noch recht wenig über die Kunst des Entscheidens gelernt habe. Das hat mir tatsächlich noch nie jemand beigebracht und bislang hatte ich immer das Gefühl, das man das als gesunder Erwachsener schon einigermaßen richtig macht.
Welch ein Irrtum!
Bewusst wurde mir das Thema auf einer Führungsklausur eines meiner langjährigen Kunden. Hier haben wir uns mal wieder über die Hauptaufgaben von guten Führungskräften unterhalten und einer der Teilnehmer, vertrat die Meinung, dass Führen primär etwas mit Entscheiden zu tun hätte – womit auch sonst – die eigentliche Arbeit wird von anderen Leuten erledigt.
So ganz würde ich die Führungsarbeit nicht auf dieses eine Thema reduziert wissen, aber im Kern stimmt es. Führen heißt, die Weichen für die Zukunft zu stellen und da muss man eben sagen, ob die Weiche nach links oder rechts zeigt.
Unvergessen ist mir das System mit dem Jack Welch zusammen mit seinem Personalchef seine Auswahl für gute Manager getroffen hatte. Sein System bestand aus vier „E“ und einem „P“. Er bewertete subjektiv „E“ für „Energy“ (die positive Energie die man spürt, dass ein Mensch etwas bewirken möchte) „E“ für „Energize“ (die spürbare Fähigkeit, andere Menschen auf dem Weg der Entwicklung mitzunehmen) „E“ für „Edge“ (die Fähigkeit zu entscheiden und klar ja oder nein zu sagen) „E“ für „Execute“ (die Fähigkeit auch Resultate zu liefern) „P“ für „Passion“ (die Leidenschaft für eine Sache haben)
Besonders der Punkt “Edge” blieb mir unvergessen, mit dem starken Statement von Jack “nothing is worse than a manager with maybe”.
Die Forderung nach Menschen die klare Entscheidungen treffen können steht also im Raum. Nur habe ich immer mehr den Eindruck, dass die klaren Führungsentscheidungen in Unternehmen mehr und mehr in Gremien verlagert werden, was für viele Manager den Vorteil nach sich zieht, für schlechte Ergebnisse nicht mehr direkt verantwortlich sein zu müssen.
Aber unabhängig davon, ob einzelne Führungskräfte oder ganze Gremien wichtige Entscheidungen treffen, der Entscheidungsprozess ist in den meisten Unternehmen unterdurchschnittlich entwickelt. Die Mitarbeiter warten teils ewig auf wichtige Managemententscheidungen und wenn diese mal alle Genehmigungsstationen durchlaufen hat, dann ist es häufig schon spät oder das Anliegen ist bis zur Unkenntlichkeit verwässert worden.
So kommt es, dass ich mich gerade mit einem interessanten Buch mit dem Titel “The Decision Checklist” von Sam Kyle auseinandersetze.
Nach der Lektüre muss ich sagen: Das ist schon einmal ein guter Ansatz!
Sein Credo und seine Tipps sind einfach:
“Gute Entscheidungen garantieren nicht immer ein positives Ergebnis – aber die Wahrscheinlichkeit über schlechte Entscheidungen gute Ergebnisse zu erzielen ist bedeutend geringer”.
“Wir entscheiden unser ganzes Leben lang – und genauso ist die Entwicklung einer guten Entscheidungsfähigkeit ein lebenslanger Prozess – geprägt von ständigen Lernschleifen”
“Die Menschen mit einer exzellenten Entscheidungsfähigkeit
- führen ein Entscheidungsjournal, in dem sie ihre wichtigsten Entscheidungen nach einer gewissen Checkliste protokollieren und die Ergebnisse zur ständigen Verbesserung ihres Prozesses reflektieren
- holen sich regelmäßig ein 360 Grad Feedback über ihren Entscheidungsprozess ein
- sind alle bereit auch die Verantwortung für ihre Entscheidungen zu übernehmen
- sie kennen ihre Barrieren für gute Entscheidungen
- kennen die verschiedensten mentalen Modelle die sie bei den individuellen Entscheidungen unterstützen und können diese zu einem persönlichen Entscheidungssystem zusammensetzen
- bleiben stets in ihrem Kompetenzbereich
- nehmen sich schlicht ausreichend Zeit, um ihr Entscheidungssystem gewissenhaft einzusetzen
Das Buch liefert nicht nur praktische Checklisten, sondern auch ein ganzes Arsenal von hilfreichen Denkmodellen, aus denen man Monat für Monat sein eigenes Entscheidungsmodell zusammenbauen kann.
Und natürlich wird mal wieder klar, warum es auch bei diesem interessanten Thema wieder drei Entwicklungsstufen gibt:
- Stufe 1: Die Nichtwisser – so wie ich bis vor zwei Wochen. Diese Gruppe von Menschen hat sich einfach noch nie mit diesem Thema ernsthaft auseinandergesetzt. (Das dürfte die Mehrheit sein)
- Stufe 2: Die Wissenden – so wie ich im Moment. (Das sind wohl nicht sehr viele)
- Stufe 3: Die Pro’s – diejenigen, die ihr Wissen auch tatsächlich produktiv einsetzen. (Wieviele es davon wohl gibt?)
Diese Woche fällt bei mir eine wichtige berufliche Entscheidung an. Dann werde ich das gleich mal ausprobieren und zur passenden Zeit an dieser Stelle Bericht erstatten! Vielleicht schaffe ich es bei dem so wichtigen Thema zum Pro…