Und wieder ist es angebracht, sich dem Thema „Vertrauen“ näher zu widmen. Österreich steckt in einer Staatskrise. Die Kosten und all die weiteren negativen Auswirkungen auf das Land und auf Europa sind überhaupt noch nicht abzusehen. Und was hat das Ganze verursacht? Das Verhalten einer einzigen Person!
In diesem Fall ist es Heinz-Christian Strache, ehemaliger Vizekanzler und Vorsitzender der FPÖ in Österreich.
Was hat der Mann in den letzten Jahren nicht alles versucht, um sich persönlich und seine eigene Partei als die einzig wahrhaft moralische, vertrauenswürdige Instanz in Österreich darzustellen. „Wir sind die wahrhaft Guten und die anderen sind diejenigen, die im Filz und Klüngel nichts weiterbringen…“
Überrascht sollte nach Betrachten des Videos eigentlich niemand sein. Im Grunde weiß man es – man hat halt arg zu selten eine ungefilterte Innensicht in die Gespräche hinter den Kulissen. Das ist mit diesen Videoausschnitten nun anders.
Korruption ist der Tod jeder lebendigen, prosperierenden Gesellschaft – und was wir hier sehen ist typische Korruption: Vorteilsnahme zum Wohle der eigenen Ziele – gleichgültig, welche Auswirkungen das auf das Ganze hat – auch wenn noch gar nicht klar ist, ob und wieviel von dem Gesagten tatsächlich umgesetzt wurde.
Besonders schlimm ist es nun, dass er die zweite Geissel unser heutigen Welt vorantreibt: die Opferhaltung. Anstatt Demut walten zu lassen, geht er sofort in die Opferrolle und macht andere für sein jetziges Schicksal verantwortlich. Das ist nicht nur schäbig, sondern animiert seine Anhänger und Gefolgsleute es ihm gleichzutun, womit die Spaltung in der Gesellschaft weiter vorangetrieben wird.
Wir alle wissen, wie schwierig es ist, die persönliche Glaubwürdigkeit aufrecht zu erhalten. Jeder Leser des Buches „Schnelligkeit durch Vertrauen“ weiß auch, dass diese Vertrauenswürdigkeit von vier Faktoren abhängt: Resultate / Fähigkeiten / Integrität und Absicht.
Und wir wissen, wie schnell man seine Vertrauenswürdigkeit verspielen kann. Ich habe diese Erfahrung in verschiedenen Bereichen meines Lebens oft genug erlebt.
Ginge es einem Heinz-Christian Strache glaubhaft darum, Vertrauen zurückzugewinnen, so könnte er aus dem besagten Buch z.B. lernen, dass es insgesamt 13 Vertrauensregeln gibt (in Wahrheit sind es 14, wenn man „vergeben“ noch hinzunimmt), aus denen er eine glaubhafte Strategie für den Wiederaufbau seiner Reputation entwickeln könnte.
Nur ist in diesen 13 (14) Vertrauensregeln nichts zu lesen, andere für sein Schicksal verantwortlich zu machen (so wie er es leider in einem typischen Reflex aller Populisten tut)
Aus meiner Sicht kämen folgende Regeln für ihn zum Einsatz:
- ehrlich sein („ich habe das alles gesagt – gleichgültig wie die Belgeitumstände waren)
- Fehler eingestehen. (Sich bei ALLEN Betroffenen spürbar glaubhaft entschuldigen – u.a. bei allen von ihm beim Namen genannten Personen – gleichgültig derer Hintergründe)
- verzeihen (das zweifelhafte Verhalten der Auftraggeber des Videos und das Verhalten des Spiegels und der SZ nicht in den Vordergrund stellen und nachsichtig sein)
- sich verbessern (das kann er nur ab jetzt zeigen)
- Verantwortung übernehmen (die Verantwortung bei sich lassen (und nicht Alkohol, Schwüle etc. beschwichtigend anführen / von allen Ämtern zurücktreten, um weiteren Schaden am System zu vermeiden)
- sich der Realität stellen (es ist bewiesen, ich kann mich da nicht rausreden)
- Transparenz erzeugen (glaubhaft darlegen, dass es diesen Verein nicht gibt und keine Schattenspenden geflossen sind)
Von diesen sieben Verhaltensregeln hat er zwei zur Hälfte bedient (Fehler eingestehen und Verantwortung übernehmen) – ob er die anderen Hebel nutzt, werden wir sehen. Persönlich bin ich da allerdings skeptisch.
Echte Größe in der Niederlage oder in der Aufdeckung schäbigen Verhaltens (vor dem wir alle nicht gefeit sind) zu zeigen, ist ein (zu) seltenes Gut.
Aber ich gebe meine Zuversicht nicht auf, dass es in unserer Welt der „Image-Bewahrung“ nicht völlig untergeht.