Sollte man sich als Manager coachen lassen?

Eine viel diskutierte Frage, welche derzeit noch nicht eindeutig mit ja beantwortet wird.

Ich muss mich bei dieser Frage ja nur selbst fragen:  würde ich einen Coach für meine beruflichen oder privaten Agenden in Anspruch nehmen?  Es wäre gelogen, wenn ich uneingeschränkt ja sagen würde. Ich habe mich selbst lange dagegen gesträubt, weil ich auch von meinem Elternhaus dahin gehend erzogen wurde, Dinge alleine zu schaffen. Jede Form von mentaler Begleitung war in meinem Elternhaus verpönt. Damals in meiner Jugend kannte man immer nur die Begriffe Psychologe/Psychotherapie und wer nur darüber nachdachte war aus unserer Sicht schon reif für die Klapsmühle. In jedem Fall galt ein solcher Mensch als wenig lebensfähig.  Das hat mich schon stark geprägt und bis ich Hilfe in Anspruch nehme, dauert es eine Weile und es ist von einer Reihe von Faktoren abhängig.

Gott sei Dank ist nicht jeder so erzogen und es ist klar festzustellen, dass persönliches Coaching – gerade für Führungskräfte – rapide zunimmt.

Worauf ist das zurück zu führen?

Sie müssen sich nur in die Realitäten unserer heutigen Wirtschaftswelt hineindenken und aufmerksam zuschauen. Die Industrialisierung hat zwar schon früh im 20. Jahrhundert gegriffen, aber so richtig auf Touren kam die Weltwirtschaft erst nach dem zweiten Weltkrieg. Verglichen mit heutigen Anforderungen an viele CEOs und sonstige Führungskräfte in den Unternehmen war das Unternehmertum in den 70, 80ern vergleichsweise ein Spaziergang. Alles war übersichtlicher, strukturierter, langlebiger, verlässlicher.  Das Tempo und die immer währenden Wachstumsziele nehmen kontinuierlich zu. Der Verstand kann dem folgen, aber die Seele ist langsamer.  Die menschlichen Bedürfnisse nach Ruhe, Aufmerksamkeit, Zuwendung, Liebe, Ausgleich, Familie, etc. bleiben aber die selben – oder verändern sich – wenn sie sich überhaupt verändern – nur unheimlich träge. Vielleicht ist uns das in 1000 Jahren gar nicht mehr wichtig und wir sind wie Roboter mit einer unbeschreiblichen Produktivität – aber das glaubt wohl niemand von uns wirklich.

Jetzt stellen Sie sich eine Führungskraft in diesem Konzert von permanenten rasch wechselnden Anforderungen vor. Worauf soll man sich in seiner Arbeitszeit wirklich konzentrieren? Zeit ist kostbar. Was ist das berühmte „Richtige“? Der Druck immer „das Richtige“ zu tun wird immer größer und an dieser simplen Anforderung scheitern auf Dauer die meisten.

D.h. nicht, dass sie ihren Job verlieren oder keine Ergebnisse erzielen würden. Aber sie bleiben in einem nebligen unbefriedigenden emotionalen Dickicht hängen.  Das Gespräch mit einer vertrauensvollen Person kann hier kleine Wunder bewirken. Beim Coaching kommt ein simples Grundgesetz zum Tragen:  Gemeinsam geht’s besser!  Der ruhige Austausch mit einer neutralen vertrauensvollen Person macht Dinge klar und schärft das Bewusstsein für das Wesentliche.  Das ist der erste Kernwert eines guten Coachings.  Der zweite Wert ist die simple Tatsache, dass man mal jemanden hat, der einem einfach nur mal zuhört und das Gefühl vermittelt, wahrgenommen und v.a. verstanden zu werden. Ein simples Gefühl, dass der eigene Boss oder gar die Kollegen oder Mitarbeiter schon lange nicht mehr vermitteln können. Der dritte große Wert liegt im Feedback. Entwicklung – und danach streben die Mehrzahl der Menschen – geht nur mit Feedback. Und auch Feedback findet seitens des eigenen produktiven Umfelds von Boss, Mitarbeiter oder Kollegen nur spartanisch statt. Und wenn, dann bekommt man höchsten Kritik zu hören. Der Druck, hohe Ziele zu erreichen, lässt wenig Spielraum das Gute zu sehen, sondern schärft nur den Blick für die Hindernisse auf dem Weg zum Ziel. Wir sind in der heutigen Zeit furchtbar problemorientiert und sehen immer sofort das, was nicht geht oder was falsch läuft. Positive Anerkennung oder gar Lob sind in der heutigen betrieblichen Umgebung Fremdworte geworden.

Das aber alles liefert ein Coach:  Fokus, Zuwendung, Feedback.    Fällt Ihnen etwas Wichtigeres ein für eine erfolgreiche Führungskraft?

Worin steckt dann die größte Herausforderung beim Coaching von Managern?

Die Disziplin zur Umsetzung – wie immer.   Sie ist der größte Feind jedweder positiven Entwicklung,

Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema Umsetzungskraft aus verschiedenen Gründen:  Primär geht mir in der Welt zuviel sinnvolles Potential verloren. Die Welt weiß unheimlich viel. Aber Wissen hat halt noch nichts mit Können zu tun. Sie müssen sich die Batterien von schlauen Ratgebern in den Regalen anschauen. Wir können alles lesen. Wir wissen alle wie es geht. Wir wissen alle wie es besser geht. Aber wer setzt es wirklich um?  Stephen R. Covey wurde einmal befragt, wieviel er von seinen „7 Wegen zur Effektivität“ bei sich selbst umgesetzt hätte. Er antwortete stets mit folgenden Worten: „Vielleicht 70%. Für den anderen Teil entschuldige ich mich…“.  Immerhin!

Wenn wir Seminare und Schulungen haben, ist die Diskrepanz zwischen anfänglicher Begeisterung und Umsetzungsquote besonders ernüchternd, weil ein ganz simpler Wert bei vielen von uns zu wenig ausgeprägt ist:  Disziplin.  Ich weiß wovon ich rede und wenn sie meine Mutter diesen Wert in einem Atemzug mit meinem Namen erwähnen würden, würden sie große Erheiterung bei ihr erfahren. Die Qualität von Disziplin erfahre ich leider erst sehr spät. Hier hat bei mir ein echter Paradigmenwechsel stattgefunden. Früher war Disziplin für mich Einschränkung meiner Freiheit. Ich war eher typisch lust- oder angstgetrieben. Ich habe nie diszipliniert gelernt, was sich natürlich in den Ergebnissen und meiner früheren Fachkenntnisse sich negativ niederschlug.  Ich habe nie diszipliniert trainiert, weder im Sport noch in der Musik. Ich gehöre zu den vielen Menschen die heute nur einen Bruchteil ihrer Talente wirklich „auf die Straße“ bringen – einfach weil ein Schuß Disziplin gefehlt hat.  Der Paradigmenwechsel bei mir stammt aus dem Schluss-Satz eines kleinen Videos von FranklinCovey.  Er lautet einfach „Freedom is in the Discipline!“.   Ich habe diesen Satz lange vor mir her geschoben und nur zu Kenntnis genommen. Je älter ich werde, desto wahrer wird der Satz für mich. Nur die Disziplin bringt mich zu einer tief empfundenen und befriedigenden persönlichen Weiterentwicklung und Freiheit. Ich spiele z.B. gern Klavier und klimpere oft darauf herum. Aber es gab die Zeiten an denen ich über das Geklimpere nicht hinauskam. Erst das disziplinierte Auseinandersetzen mit Harmonielehre, Technik und das konzentrierte disziplinierte Lernen brachte mich auf ein Niveau, das mich heute zutiefst befriedigt. Wenn ich heute am Klavier sitze oder Saxophon spiele und auf einer Ebene spiele die ich mir vor Jahren nicht vorstellen konnte, dann bin ich nur dankbar für das was die Schöpfung mir mitgegeben hat. Aber das war nur möglich durch ein Quentchen mehr Disziplin.

Natürlich ist dieser Trauma-Gedanke „Disziplin schränkt mich ein“ noch nicht ganz weg und ich mache auch noch viel intuitiv und lustbezogen – aber das dient eher der Balance zwischen Wohl-Fühl-Glück – welches kurzfristig wirkt – und dem wertebasierten Glück – was nachhaltig wirkt.  Die Disziplin macht mir die Tür auf zum wertebasierten Glück – und diesen Umstand habe ich leider erst sehr spät verstanden und zu schätzen gelernt.

Und gerade bei allen, die mit dem inneren Schweinehund zu kämpfen haben – und das haben zum Jahresbeginn mal wieder die meisten- gerade für die lohnt sich das Konsultieren eines Coaches ebenfalls: Er ist solange da, bis sich die Veränderungen in positive Gewohnheiten niedergeschlagen haben.  Was ein Segen!

Die wichtigste Botschaft zum Schluß:  Gutes Coaching geht nur auf einer Vertrauensbasis.  Deshalb schauen Sie sich den Coach in der ersten Stunde sehr genau an und zahlen Sie für diese erste Kennenlern-Stunde nichts. Besprechen sie mit dem Coach Ihr Anliegen und lassen sich beschreiben, wie der Weg zum Ziel aussehen wird. Steigen Sie erst dann in den Prozess ein, wenn Sie ein gutes Gefühl haben.

Aber dann dürfte diese Investition mehr wert sein, als jeder X5-Geschäftswagen.

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