4 Antworten zum Thema „Persönliche Glaubwürdigkeit“

Diese Woche beschäftige ich mit ein paar Fragen zu einem Thema, welches meines Erachtens viel zu kurz kommt:  die persönliche Glaubwürdigkeit.

Das ist in sofern bemerkenswert, weil es die Basis jeder guten Führungsaufgabe ist. Auf der anderen Seite wird der Wert gar nicht so wahrgenommen, geschweige denn aktiv daran gearbeitet.  Aus irgendeinem Grund geht man selbst immer davon aus, dass man doch eigentlich vertrauenswürdig sei.  Aber dieser Gedanke ist fatal!
Nehmen wir das Beispiel Barack Obama!  Dieser Mann war für mich zunächst der Inbegriff der Integrität und der Glaubwürdigkeit. (Man muss zugeben, dass George Double-iu es ihm auch sehr leicht gemacht hat).  Aber was ist heute? Er ist nur eine sogenannte „lame-duck“.  Das Vertrauen in seine Amtsführung ist massiv untergraben und er hat es sich selbst zuzuschreiben.

Vielleicht hätten er oder Uli Hoeness oder oder oder oder oder sich mit diesem Thema näher befassen sollen..

Also los..

Frage 1:  Welche Rolle spielt „persönliche Glaubwürdigkeit“ für den Erfolg eines Managers?

Es ist aus meiner Sicht der Kern von guten Führungskräften. Viele Manager und Führungskräfte verlassen sich auf die Autorität ihrer gewonnen Position. Weil ich Boss bin, habe ich automatisch etwas zu sagen und habe mehr Befugnisse, Entscheidungsrechte und Entscheidungsfreiheiten. Das verleitet viele dazu, es sich in ihrer Autoritätsposition bequem zu machen. Ich streite auch gar nicht ab, dass das sehr lange einigermaßen funktionieren kann. Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen auf Führungspositionen sitzen, die allein über diese „Positionsmacht“ führen. Schaut man sich jedoch die Karrieren dieser Menschen an, dann bleiben diese häufig (leider nicht immer) auf halber Strecke stecken. Sie erreichen meist ein paar kurzfristige Ziele durch viel Aktionismus und qualifizieren sich dadurch sogar häufig für höhere Aufgaben, weil man ihnen grundsätzlich zutraut Ergebnisse zu erzielen. Aber nur die wenigsten können das aufbauen, was eine Organisation am erfolgreichsten macht: Vertrauen in der Organisation.  

In den wirklich wichtigen Positionen unterscheiden sich die Kandidaten – ob männlich oder weiblich – nicht mehr von ihren Grundfähigkeiten oder Erfolgsgeschichten – solche haben die meisten genug vorzuweisen. Am Ende entscheidet die größere persönliche Glaub- und Vertrauenswürdigkeit – davon bin ich zu 100% überzeugt – sofern es den Entscheidern, meist Aufsichtsräten oder Vorständen, um den langfristigen Erfolg ihres Unternehmens geht.

 

Frage 2: Glaubwürdigkeit klingt gut, aber verstehen wir alle das Gleiche darunter? Wie definiert man Glaubwürdigkeit und ist es mit Vertrauenswürdigkeit gleichzusetzen?

Ob wir alle das Gleiche unter den Begriffen verstehen wage ich zu bezweifeln – aber erlauben Sie mir einfach den Versuch, die persönliche Glaubwürdigkeit bzw. die Vertrauenswürdigkeit folgendermaßen zu definieren.  Dabei hilft ein externer Ansatz von Stephen M.R. Covey entscheidend weiter.

Das Vertrauen in eine Organisation oder in eine Person basiert auf zwei Grundpfeilern:  die Kompetenz und der Charakter.   Stellen Sie sich doch einmal vor, Sie stünden vor einer Herz-OP und hätten die Wahl zwischen zwei Ärzten.  Der erste ist ein total netter Kerl. Sie spüren sofort, dass es ihm ein großes Anliegen ist, dass Sie wieder gesund werden.  Leider erfahren Sie, dass es seine erste OP als ausführender Arzt sein wird. Aber Sie haben ja noch die zweite Option:  Ein total erfahrener Operateur mit Hunderten von durchgeführten Herzoperationen. Leider wirkt er etwas abwesend und es gibt unbestätigte Gerüchte, dass er im illegalen Organhandel verwickelt sein soll.

Jetzt sind Sie an der Reihe!  Für welchen Operateur würden Sie sich entscheiden (wenn Sie könnten?“

Ich würde mich jedenfalls nach einer dritten Alternative umsehen, denn zu beiden gibt es kein vollständiges Vertrauen. Beide bringen jedoch etwas mit, das nur in der Kombination wirklich wirkt – eben die Verbindung aus Kompetenz und Charakter.“

Für die praktische Anwendung, sind diese beiden Begriffe jedoch noch zu abstrakt.

Wir sollten noch eine Stufe hinuntergehen und uns beide Begriffe noch genauer anschauen.  Kompetenz setzt sich wieder aus zwei Säulen zusammen:  Die Fähigkeiten und die Resultate, die ein Mensch irgendwann in seinem Leben erreicht hat.  Ich kenne genug Menschen, die zwar über Fähigkeiten oder Talente verfügen, aber leider keine wirklichen positiven Ergebnisse zustande bringen. Das geht vielen Führungskräften auch so.  Warum verlieren so viele Manager in kurzer Zeit ihren Job? Weil sie schlicht zu wenig Resultate zustande bringen und damit das Vertrauen in die Verantwortlichen schnell schwindet.

Beim Charakter sind es zwei ganz andere Säulen, auf die sich die Vertrauenswürdigkeit stützt:  Zum einen sind das die persönlichen Absichten des Menschen und zum anderen ist das die Integrität.  Absicht bedeutet einfach, worauf es die Person letztlich wirklich abgesehen hat – wobei ich hier beim Thema Vertrauenswürdigkeit grob zwischen zwei Polen unterscheide:  Egoismus oder win-win.  Ein persönliches Beispiel: Sehr lange hatte ich den naiven Gedanken, dass es meinem Bankberater tatsächlich darum ginge, mein Geld zu vermehren. Ich habe ihm vertraut und zwar genau so lange, bis ich feststellen musste, dass es ihm letztlich doch nur um den Verkauf seiner provisionsträchtigsten Produkte ging und ich sehr viel Geld damit verlor. Für mich ist die Intention – also die Absicht die ein Mensch in sich trägt – die Grundlage von allem verantwortlichen Führungsverhalten.

Sowohl in Besetzungsberatungen als auch in der Auswahl meiner Klienten, versuche ich zu allererst die wahren Absichten des Menschen herauszubekommen. Worum geht es ihr oder ihm wirklich? Geht es um das Große Ganze?  Oder geht es letztlich vordergründig und ganz simple egoistische Motive wie schnelle Karriere, Reichtum etc. Ein Zahnlaborantin erzählte mir von einem Zahnarzt der sie engagieren wollte.

Bei der Integrität – dem vierten Pfeiler der Vertrauenswürdigkeit – sieht die Sache ganz anders aus.  Integrität bedeutet im Grunde, den Worten Taten folgen zu lassen.  Im Englischen ist das das berühmte „walk the talk“. Kann man sich auf das Gesagte auch verlassen?  Das ist gar nicht so selbstverständlich – auch bei Menschen, die absolute positive Absichten hegen.

Wir können uns an dieser Stelle lange darüber unterhalten, welche der vier Bausteine – Resultate, Fähigkeiten, Intergrität und Absichten – nun die wichtigeren sind, damit wir Vertrauen in eine Person – insbesondere hier in eine Führungsperson setzen können.

Aus meinen vielen Leadership-Seminaren bei FranklinCovey weiß ich, dass ich noch keine Führungskraft getroffen habe, der sich bei allen 4 Bausteinen die Höchstbewertung auf der Skala von 0-10 geben würde.  Es kommt jeder – und wirklich jeder – bei irgendwelchen der 4 Bausteine zu Abstrichen und wenn man diese Selbsteinschätzung einmal durchführt, dann wird man sehr schnell mit einer häufig wenig erfreuliche Realität konfrontiert:   Habe ich wirklich schon bemerkenswerte Ergebnisse erzielt und verantwortet oder rede ich sie mir und anderen meist einfach nur gut, damit ich weiterkomme?  Habe ich wirklich die notwendigen Fähigkeiten für meine aktuelle Position oder hangle ich mich so durch und versuche meine Schwächen nur clever zu vertuschen? Wieviele meiner Versprechen die ich mir und v.a. anderen gebe halte ich tatsächlich ein?  Gleichgültig, ob das ein Ehe-Versprechen oder die rechtzeitige Abarbeitung eines Aktionspunktes aus einem Workshop ist? Wie verlässlich bin ich für die Außenwelt wirklich?  Und wenn ich zuletzt einmal ganz ehrlich zu mir bin – handle ich nicht tatsächlich aus rein egoistischen Motiven oder geht es mir tatsächlich auch um das Wohl des anderen?  Spiele ich letztlich Spielchen mit den anderen, oder können sie sich auf wirklich gute Absichten von mir verlassen?

Ich behaupte nach so vielen Jahren:  hier beginnt echte Führung.

Wer es schafft eine persönliche Glaubwürdigkeit mit allen 4 Bausteinen aufzubauen, dem fällt der Erfolg in seiner Position um ein mehrfaches leichter.  Denn wir kennen letztlich alle den Zusammenhang:  hohes Vertrauen beschleunigt die Abläufe und reduziert die Kosten.

 

Frage 3: „Warum gibt es dennoch so viele Manager, die hier scheinbar nichts investieren und sich auf ihre erlangte Position einfach verlassen?“

Ich möchte nicht sagen, dass sie gar nichts investieren. Viele rennen z.B. in weiterführende Management-Institute oder machen ihren MBA, um ihre Management-Fähigkeiten zu verbessern. Aber sie übersehen die notwendige Balance zwischen den 4 Bausteinen der Vertrauenswürdigkeit.  Mir tut es dann immer weh mit ansehen zu müssen, was mit Managern und Führungskräften passiert, wenn sie ihre Machtpositionen verlieren.  Sie werden von der Welt und ihren früheren Mitstreitern sehr schnell fallen gelassen.

Auf der anderen Seite sind all die Menschen, die sich eine hohe Vertrauenswürdigkeit über die Jahre erarbeitet haben, auch nach dem „Verlust“ ihrer Machtposition weiterhin einflussreich und geachtet. Denken Sie an Menschen wie Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker, Jack Welch. Ihnen fallen sicher noch einige andere Menschen in früheren Führungspositionen ein. Menschen die man in der Öffentlichkeit nicht kennt, die sich aber aus ihrem Wirken und Handeln heraus eine wahre Glaubwürdigkeit und den Respekt aller Beteiligten erworben haben.

Unsere Zeit ist leider zu schnelllebig geworden, um auf die Zeit für den Aufbau von persönlicher Glaubwürdigkeit Rücksicht zu nehmen. Also sind sehr viele Blender am Werk, die immer wieder versuchen, das Vertrauen von Entscheidern zu manipulieren.

 

Frage 4: „Sind sie optimistisch was die Entwicklung der Vertrauenswürdigkeit von Führungskräften angeht?“

Klare Antwort: NEIN. Wir hetzen uns zu Tode und den guten Führungskräften wird keine Zeit mehr zur Entfaltung gelassen. Wir pressen uns in ein zahlengetriebenes Profitmaximierungsmodell ein, dass großen Führungskräften nur noch wenig Spielraum für gesundes Wachsen lässt. Wenn kein wirkliches Umdenken in den höchsten Etagen passiert, wird es auf Dauer zu wenig wirklich vertrauenswürdige Führungspersonen geben um unseren Erfolgsstandard zu halten.

 

Literatur zu diesem so wichtigen Thema:

„Vertrauen führt“ von Reinhard Sprenger und „Schnelligkeit durch Vertrauen“ von Stephen.M.R.Covey.“