Führungsleitsätze auf dem Prüfstand

Wir wissen alle, dass Glaubenssätze und Überzeugungen unser Handeln lenken.

Zwei der wichtigsten Glaubenssätze in unserer Wirtschaftswelt sind im Moment:  „Wachstum“ und „Shareholder-Value“.

Anders ausgedrückt:   Wenn wir nicht wachsen, geht alles den Bach hinunter   bzw.  Wenn wir die Shareholder (also die Anteilseigner) nicht zufrieden stellen, gehen wir auch den Bach hinunter.

Das mag für viele überzeugend und plausibel klingen, aber diese Glaubenssätze sind zunächst einmal nicht vollständig, und sie lenken unser Handeln eindeutig in ganz bestimmt Bahnen, die langfristig für uns alle möglicherweise nicht gut ausgehen werden.

Glaubenssätze sind mächtig und sollten immer mal wieder auf den langfristigen Erfolg hin abgeklopft werden.

Heute beschäftige ich mich mal mit weiteren ganz interessanten Sätzen, die man mal wirken lassen sollte und vielleicht kann man den ein oder anderen Satz für sich übernehmen!

Fangen wir mit dem Satz an „ein Mensch der sich nicht verstanden fühlt, entzieht uns die Erlaubnis ihn zu entwickeln“ – oder aus Mitarbeitersicht gesprochen:  „Lieber Boss, ich gebe Dir erst dann das Recht mich zu entwickeln oder mich zurecht zu weisen, wenn Du mich verstanden hast.“

Ich weiß noch genau, wie mich dieser Satz schlagartig berührt hatte.
Das hängt wohl damit zusammen, dass man so häufig die Erfahrung macht, dass andere Menschen sich gegen Ideen, Anregungen oder gar Befehle innerlich sperren.  Man macht sich aber so selten Gedanken darüber, woran das liegt.  Und plötzlich spürt man, dass der Schlüssel zur Lösung sehr nahe liegt.  Ich persönlich habe mich immer gesträubt z.B. gegen kritisches Feedback seitens meines Vorgesetzten, wenn ich das Gefühl hatte, er oder sie „sieht mich“ gar nicht wirklich und hat meine Rolle und die Umstände gar nicht wirklich verstanden.
Also sind wir wieder bei der Kernfähigkeit, einfühlsam zuzuhören und die Menschen mit den wir es zu tun haben wirklich zu verstehen.  Sobald dieses Grundgefühl beim Mitarbeiter vorhanden ist, geht alles 1000 mal leichter.

Der nächste interessante Satz:  „Eine gute Führungskraft kann Unterscheidungen treffen!“    Das klingt natürlich zunächst sehr abstrakt, denn man muss sich etwas damit beschäftigen, welche Unterscheidungen wichtig sind.  Die erste Unterscheidung die hier relevant ist, ist der Unterschied zwischen „Beeinflussung“ und „Manipulation“.  Sollten wir überhaupt Menschen beeinflussen?  Ja klar, wie sonst will man sonst mit einem Team zusammen Wirkung und Resultate erzielen, die vielleicht noch nie vorher realisiert wurden?  Jede Form von Entwicklung hat etwas mit Beeinflussung zu tun – man muss nur gut die Unterscheidung zur „Manipulation“ unterscheiden.  Bei Beeinflussung geht es um Freiheit.  Bei Manipulation geht es um Abhängigkeit.  Es ist müßig zu erwähnen, welche der beiden Tätigkeiten etwas mit guter Führung zu tun hat.
Eine weitere wichtige Unterscheidung liegt im Wechsel zwischen „Nähe“ und „Abstand“. Eine gute Führungskraft beherrscht beide Zustände im stetigen Wechsel.  Ausschließlich Abstand ist genauso wenig effektiv in der Führung und Entwicklung von Menschen wie zuviel Nähe.

Satz #3: „Führung zu lernen und anzuwenden ist der Lebenssinn an sich“. Seine eigene Stimme zu finden, und anderen dabei zu helfen ihre Stimme zu finden und zu leben – darum geht es eigentlich bei wirklich erwachsenen Menschen.  Menschen, die unter Leadership vorzugsweise Management verstehen, werden mit diesem Satz nicht viel anfangen können. Menschen die den Kern von Führung verstanden haben – nämlich sich selbst und andere in ihren Fähigkeiten zu entwickeln um gute Resultate zu erzielen – die werden diesen Satz sofort verstehen.  Wer diesen Satz verinnerlicht hat, der ist im Leben einen großen Schritt voran gekommen!

 Satz #4:  „Ein Team das die Basics beherrscht, spielt stets im oberen Drittel der Tabelle“.  Dieser Satz lässt sich ebenfalls auf die Fähigkeiten von Führungskräften umlegen:  „Eine Führungskraft, die die Basics beim Thema Führen von Menschen beherrscht, spielt stets im vorderen Drittel“.  Es gibt tatsächlich viele Register die man bei Führung ziehen kann, aber das Beherrschen von ein paar Basics ist wirklich essentiell.   Diese Basics lassen sich insbesondere in den Konzepten „The Speed of Trust“ von Stephen M.R. Covey und „Leading Simple“ von Boris Grundl recht gut nachlesen und einstudieren.

Satz #5:  „Die Geldsprache bringt alle Menschen zusammen“.  Dieser Merksatz hilft, wenn sich z.B. Vertrieb und Technik mal wieder streiten und aneinander vorbei reden.  Bringen wir die Themen auf die Geldebene und man erzielt recht rasch Einigungen und Ergebnisse.

Satz #6:  „Erfolgreich zu sein ist anstrengend.  Aber nicht erfolgreich zu sein ist noch anstrengender“.   Ein wahrer Satz.  Er lenkt unsere Aufmerksamkeit und das Interesse auf Ziele anstatt Anstrengung.  Wenn wir mit unseren Teams gute Resultate liefern, dann strengt das zwar an, aber was sonst sollten wir anstreben?    Hierzu passt auch die Anekdote:  Treffen sich zwei Freunde am Sonntag Nachmittag. Fragt der eine den anderen:  „Und , was machst Du nächste Woche?“  „Ich gehe arbeiten – und Du?“  „Ich gehe Ergebnisse produzieren“.

Satz #7: „Es geht bei Führung nicht darum, bessere Menschen aus uns zu machen, sondern ausschließlich darum, Wirkung zu erzielen.“   Diesen Satz würde ich diesmal nicht zu 100% unterschreiben. Er ist mir zu schmalspurig und befeuert z.B. die skandalösen Verhaltensweisen heutiger Investmentbanker, Manager etc.  Profitgierige Menschen sind auch auf Wirkung aus – auf kurzfristige Wirkungen. Hier sollte man klar besser differenzieren.  Ich würde den Satz umformulieren:   „Bei Führung geht es darum, mit Hilfe eines Teams nachhaltige Wirkungen und Ergebnisse zu erzielen.  Das Freisetzen und die Entwicklung von Talenten ist dabei grundlegende Aufgabe.“

Satz #8: „Titel heißt Kompetenz-Verdacht“.  Wie wahr!  Wie viele Menschen in Führungspositionen verstecken sich hinter Titel und Positionen.  Keine Frage, ein Titel oder eine Position erweitert den Einflusskreis kurzfristig. Aber ohne eine solide Vertrauenswürdigkeit ist dieser Einflusskreis nach ein paar Wochen und spätestens nach Verlust des Titels oder der Rolle wieder verschwunden.

Satz #9: „Wer gerne Ratschläge gibt, wird in Wahrheit nur gerne gebraucht“.  Ich schätze Führungskräfte, die sich mit Ratschlägen zurückhalten und diese nur von sich geben, wenn sie darum gebeten werden. Alles andere ist wenig souverän.

Satz #10:  „Wir behandeln Menschen so wie wir sie sehen.“  Das ist absolut richtig.  Erinnern Sie sich an Susan Boyle – die englische Casting-Show-Gewinnerin aus 2009?  Der Ersteindruck der Frau war für alle Beteiligten wenig positiv. Entsprechend ablehnend waren die Verhaltensweisen von Publikum und Jury.  Als sie anfing zu singen, hat sich das Verhalten schlagartig gewandelt. Plötzlich sahen alle in der Frau nicht mehr den unattraktiven, talentfreien Möchtegern-Star, sondern sahen einen Rohdiamanten auf der Bühne stehen.  Wir begegnen Menschen tatsächlich so wie wir sie sehen und das sollte gerade uns Führungskräften immer klar sein.  Versuchen wir die Mitarbeiter in ihrer Gänze zu sehen und das Potential zu entdecken.  Wir lassen häufig viel zu viel Talente unentdeckt liegen.

Vielleicht kann der ein oder andere Satz unser Führungsverhalten positiv beeinflussen. In jedem Fall macht es Sinn, von Zeit zu Zeit über solche Sätze nachzudenken.

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