Die 3. Alternative

Fragen Sie sich auch manchmal, warum wir uns bei Konfliktlösungen immer so sohwer tun? Wie immer steckt die Lösung in unserem Kopf. Aber der Reihe nach…

Endlich, nach einigen Jahren, hatte ich wieder die Gelegenheit, einen Workshop zu den „7 Wegen zur Effektivität“ durchzuführen. Ich halte diesen Workshop nunmehr seit bald 25 Jahren und ich bin immer wieder darüber erstaunt, wie relevant und aktuell die Inhalte immer noch sind.

Angesichts der politischen Lage – insbesondere in der Ukraine und im Nahen Osten – hat mich im Nachgang zum Workshop der 6. Weg – „Synergien erzeugen“ besonders beschäftigt. Das ging dann soweit, dass ich zu Hause nach dem Buch „die 3. Alternative“ von Stephen R. Covey griff, um das Thema zum wiederholten mal zu vertiefen.

Unser Hauptproblem in der Praxis liegt im sogenannten „2-Alternativen“-Denken, denn jedes Problem hat in der Regel zwei Seiten: Treffen sich Israelis mit Palästinänser, oder Putin mit dem aktuellen amerikanischen Präsidenten, ein Naturschützer und ein Bauunternehmer, ein Vertreter der Grünen mit einem konservativen Politiker, eine Ehefrau mit ihrem Ehemann, Beschäftigte mit ihrem Arbeitgeber, Gewerkschaften mit Arbeitgeber, Anwälte mit Gegenanwälten, Kinder mit ihren Eltern, Lehrer mit der Schulverwaltung, Sozialisten mit Kapitalisten, stets stehen sich zwei völlig unterschiedliche Denksysteme gegenüber. Keines der beiden Denksysteme ist falsch, aber keines der beiden Denksysteme – oder mentale Landkarten – sind vollständig. Im 2-Alternativen-Denken gibt es dann nur folgende Optionen bei den Ergebnissen:

  1. Streit oder Krieg
  2. Die eine Alternative gewinnt
  3. Die andere Alternative gewinnt
  4. Man einigt sich auf einen Kompromiss

In allen vier Optionen gibt es mindestens einen Verlierer, selbst in den von uns so geschätzten Kompromissen. Henry Kissinger hatte eine vortreffliche Definition für den optimalen Kompromiss: „wenn beide Parteien gleich unglücklich sind…“. Selbst das Ergebnis eines Kompromisses ist nicht mehr als 1 + 1 = 1,5 – denn jeder will mehr und man einigt sich irgendwo um Etagen darunter..

Wenn wir die Spirale der Konflikte und Kompromisse verlassen wollen, hilft wohl nur das 3.Alternative-Denken – also die Suche nach einer echten Synergie – die Suche nach einer kreativen Lösung.

Das Prinzip ist einfach. Man muss die Unterschiedlichkeit des Gegenüber wertschätzen und verstehen – ohne natürlich vollständig einverstanden sein zu müssen. Beide Parteien müssen ihre mentalen Landkarten quasi offen nebeneinander legen, wodurch völlig automatisch das Feld für eine dritte Alternative entsteht, deren positive Wirkung auf das Ergebnis und die Qualität der Beziehung durch nichts zu ersetzen ist.

Früher standen z.B. die Begriffe „Qualität“ und „Kosten“ praktisch unversöhnlich gegenüber. Die Manager im Industriezeitalter agierten mit den Glaubenssätzen „Qualität kostet viel Geld“, „Sparsamkeit geht zwangsläufig zu Lasten der Qualität“. Also das bekannte Prinzip „entweder/oder“ bzw. in der Praxis „Was können wir uns an Abstrichen an der Qualität leisten, ohne dass unsere Kunden auf die Barrikaden gehen?“

Dann trafen sich in den 1940er Jahren die Denke von W. Edwards Deming, ein amerikanischer Managementprofessor und die KANBAN-Philosophie aus Japan und es entstand das Total Quality Management, in dem die Qualitätskontrolle bei den Arbeitern am Band landete. Plötzlich waren Qualität und Kosten kein Widerspruch mehr und die japanische Industrie hängte die amerikanische Konsum- und Schwerindustrie danach bis heute um Längen ab. Das nennt man Synergie.

Ich werde das Buch „Die 3. Alternative“ nun zu Ende lesen und eventuell werde ich weitere schöne Synergie-Beispiele im Rahmen meiner Beiträge hier veröffentlichen.

Trauen Sie sich also in den nächsten Tagen – sei es beruflich oder privat – bei einem sich anbahnenden und existierenden Streit einmal nach einer 3. Alternative Ausschau zu halten. Hierfür brauchen Sie dem Gegenüber nur eine Frage zu stellen: „Bist Du bereit über eine Lösung nachzudenken, die größer ist, als das was wir beide im Moment jeweils im Kopf haben?

Wenn Ihr Gegenüber mit „ja“ antwortet, öffnet sich die Tür für eine neue Qualität von Lösungen.

Darüber wird noch zu berichten sein!