Wie vor drei Wochen angekündigt, geht es heute darum, mit einem Missverständnis aufzuräumen. Es war die Geschichte von Götz W. Werner, den Gründer der dm-Märkte.
Ich habe damals einige Zuschriften bekommen, die dieses Spezies von Managern ernsthaft in Frage stellten.
Nicht dass man ihm den offensichtlichen Markterfolg absprach, aber man sieht ihn seitens einiger Kommentatoren bestenfalls als eine Ausnahmeerscheinung – und nur schwer als Vorbild heranzuziehen.
Wie ich schon einmal erwähnt habe, gibt es wohl zwei große Glaubensrichtungen im Management: erst der Profit – dann die Menschlichkeit oder der Profit kommt dauerhaft nur über die Menschlichkeit.
Mir ist schon klar, dass viele Wall-Street Broker über den zweiten Glaubenssatz nur schallend lachen können, wenn sie innerhalb von Minuten an ihren Computern Millionen-Transaktionen bewegen und gar nicht so selten einen Reibach machen, von denen andere ihr ganzes Leben nur träumen können. Vielleicht könnte ich diese eher kleine Gruppe von Ignoranten noch verschmerzen, wenn es nicht so verdammt viele Manager in der Realwirtschaft gäbe, die dem ersten Glaubenssatz ebenfalls die Treue halten.
Aber ich habe vor kurzem erst über die Macht der Glaubenssätze geschrieben. Heute geht es mir um ein anderes Missverständnis: Der Glaube, dass Menschlichkeit und gute Ergebnisse sich ausschließen. Ergebnisorientierung schließt Menschlichkeit überhaupt nicht aus! Im Gegenteil! Ergebnisorientierung ist für uns Menschen fast so wichtig wie die Luft zum Atmen.
Ergebnisse geben Sinn. Ergebnisse sind das sichtbare Zeichen aller gemachten Anstrengungen.
Es gab vor ca. zwei Jahren eine großangelegte Studie darüber, was Mitarbeiter wirklich motivieren würde. Im Zentrum standen dabei vier Hebel: 1. Klare Ziele, 2. Fortschritt bei der Arbeit , 3. Incentives und Boni und nicht zuletzt 4. Lob und Anerkennung. „Was davon motiviert nun wirklich?“ wurden zunächst die Manager gefragt. Die Mehrheit antwortete wie zu erwarten: „Lob und Anerkennung“.
Die befragten Mitarbeiter gaben jedoch mehrheitlich eine ganz andere Antwort: „Fortschritt bei der Arbeit“ – also nichts anderes als ERGEBNISSE.
Für mich ist diese Antwort völlig plausibel. Alle drei anderen Faktoren wirken kurzfristig. Aber mal Hand aufs Herz – wer möchte schon Tag aus, Tag ein auf die Arbeit kommen, ohne das Gefühl, dass sie/er wirklich einen wirksamen Beitrag leistet? Irgendein wirklich brauchbares Ergebnis zustande bekommt?
Es ist erstaunlich, wie wir Manager uns immer darauf konzentrieren, ob die Leute eine gute Stellenbeschreibung haben oder ob sie ja auch nur hart genug arbeiten. Wenn wir Leute einstellen, dann schauen wir uns ihre Zeugnisse an und lesen, was sie schon alles getan haben. Aber viel zu wenige lassen sich auch plausibel erzählen, was diese Menschen tatsächlich mal erreicht haben – welche Ergebnisse sie erzielt haben.
Im Leadership-Ansatz „Leading Simple“ von Boris Grundl ist mir sogar die Idee einer „ergebnisorientierten Aufgabenbeschreibung“ einmal untergekommen, welche die funktionale Stellenbeschreibung durch eine Ergebnisbeschreibung ergänzt. Eine sehr gute Idee wie ich finde.
Aber zurück zu Götz W. Werner. Dieser Mann ist trotz aller Menschlichkeit trotzdem auf Ergebnisse fokussiert, wohl wissend, dass ohne gute Ergebnisse die Lichter im Unternehmen ausgehen. Aber für ihn gehen sie nur dann aus, wenn er sich nicht auf die Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten fokussiert.
Nicht er selbst liefert die Ergebnisse. Es sind die Menschen, die Lust haben, sich für sein Unternehmen zu engagieren und die Lust haben, bei ihm einzukaufen.
Die jüngste Gallup-Umfrage zum Thema „Engagement in Unternehmen in Deutschland“ weist aus, dass nur noch ca 15% der Angestellten quer durch alle Branchen sich aktiv für ihr Unternehmen engagieren!!!!!
Der Rest macht nur das Nötigste (ca. 65%) oder ist bereits am Absprung (20%).
Unfassbar!
Ich wünsche allen zahlenfokussierten Managern, die den Leadership-Ansatz von Führungskräften wie Götz W. Werner als „Gutmenschentum“ abqualifizieren, weiterhin viel Spaß, die nicht-engagierten 85% ihrer Belegschaft zu immer größeren Leistungen zu peitschen.
Das ist das wahre Missverständnis!