Veränderungen – muss das denn sein?

Scheinbar ist es eine Daueraufgabe von Führungskräften, ständig etwas zu verändern, obwohl die meisten Mitarbeiter das überhaupt nicht schätzen. Ist das so, und wenn ja, warum?

Ich habe mehrere Studienkollegen die bei Siemens arbeiten.  Wenn ich sie treffe, unterhalte ich mich gerne über das, was sich in ihrem Unternehmen immer so verändert.  Derzeit verdrehen die meisten von ihnen die Augen, denn die jüngsten Veränderungen von Joe Kaeser dem neuen CEO kommen ihnen vor, wie die Rückkehr an einen Punkt an denen sie irgendwie schon einmal waren.

So ist das nun mal.  Da setzt man zum ersten Mal in der Firmengeschichte auf einen CEO von außen (in diesem Falle war das Peter Löscher) und der macht sich natürlich ans Werk und strukturiert erstmal um.  Das liefert dann aber nicht die schnellen Resultate die man sich erhofft und schon darf sich ein Neuer daran versuchen, dieses wichtige Unternehmen in die erfolgreiche Zukunft zu steuern.  Der kommt jetzt wieder aus dem eigenen Stall und baut im Grunde alles wieder so zurück wie es war.

Und meine Freunde und Kollegen stöhnen und sagen Sätze wie:  „und wann kümmern wir uns um unsere Kunden?“

Wie hat mal ein Manager so richtig gesagt:  „eine Organisation zu führen ist gleichzusetzen mit dem Umbau und der Weiterentwicklung eines Flugzeugs während es fliegt„.

Die Veränderungen beginnen schon damit, dass jährlich die Geschäftsziele erhöht werden. Allein das verändert die Organisation, denn man kann neue und höhere Ziele nicht mit der gleichen Arbeit erreichen wie im Vorjahr, auch wenn das leider immer wieder versucht wird. Nichts bleibt wie es ist und auch wenn unser Gemüt nach Stabilität und Ruhe strebt, so gibt es praktisch nichts auf diesem Planeten und in diesem Universum, das nicht einer ständigen Veränderung unterworfen wäre. Unser Planet verändert sich permanent. Sei es das Klima oder die Tektonik. Das geschieht nur so langsam, dass wir das kaum wahrnehmen. Es sei denn, uns trifft wieder ein Erdbeben oder die Zahl der Wetterkapriolen steigt an. Die Veränderung von Organisationen haben sich nicht irgendwelche geld- oder machtgierigen Manager ausgedacht um sich selbst zu legitimieren. Veränderung muss sein. Veränderung ist überlebensnotwendig.

Das einfachste Prinzip, welches uns diese Notwendigkeit belegt, ist der „Flow-Channel“von Mihaly Csikszentmihaly.

In diesem Bild sehen Sie im Prinzip drei Zustände:  A) Überforderung – ganz einfach dann, wenn der Grad der Herausforderungen und Ziele die eigenen Fähigkeiten übersteigt   B) Unterforderung bis hin zur Langeweile, wenn die Fähigkeiten die Anforderungen überschreiten und C) dieser magische Flow-Kanal, in dem sich die Anforderungen mit den Fähigkeiten quasi die Waage halten.

Jeder kennt von uns den Zustand, wenn wir so in eine neue Aufgabe vertieft sind, dass wir sogar das Gefühl für Raum und Zeit verlieren. Das ist nicht nur eine Art Glücksgefühl, das ist auch der Zustand der höchsten Produktivität.  Das Problem mit diesem Flow-Zustand ist zweierlei:  erstens – der Flow-Kanal ist nicht sonderlich breit und zweitens – der Flow-Zustand ist nicht stabil.  Im Grunde gibt es zwei Bewegungen aus dem Flow-Kanal heraus.  Entweder Sie selbst oder jemand anderer setzt Ihnen plötzlich höhere Ziele  (Challenge geht hoch, Skills bleiben wo sie sind) – oder – die Herausforderungen bleiben gleich, aber mit der Zeit wächst die Routine und man fällt horizontal aus dem Flow-Kanal heraus in die Komfort-Zone.

Was schaffen nun gute Führungskräfte in diesem Zusammenhang?

Ganz einfach: sie halten sich und ihre Organisation so gut und so oft wie möglich im Flow-Kanal.  Wenn sie einmal herausfallen, dann suchen sie sofort den Weg zurück.  Das geht aber nur, entweder indem man die neuen Anforderungen etwas zügelt, oder so schnell wie möglich die Fähigkeiten hochzieht.

In jedem Fall zeigt dieses Prinzip deutlich:  Veränderungen sind sinnvoll und für uns Menschen sogar ein Glücksstifter!

Ich schätze also Führungskräfte, die etwas verändern wollen.
Aber ich schätze gleichzeitig keine Führungskräfte, die ihre Organisation chronisch in der Überforderung halten und das tun die meisten!

Der wahre Grund, der den meisten Mitarbeitern bei dieser Frage auf die Nerven geht, ist nicht die Veränderung als solche, sondern ihre Erfahrungen mit den Veränderungsprojekten.  Meist sind es viel zu viele und wenn sie schon einmal gestartet sind, so werden sie meist nicht sauber zu Ende geführt.  Sie bleiben häufig im Sande stecken und verschlingen Unmengen an Ressourcen und Motivation.

Der Grund dafür ist einfach: Zunächst lieben Manager Veränderungsprojekte, denn sie sind die sichtbare Essenz ihres Daseins. Manager sind aber auch meist sehr ungeduldig und wenn solche Projekte nicht schnell die sichtbaren Resultate liefern, werden gerne die Fähigkeiten des eigenen Personals in Frage gestellt und natürlich rasch eine neue Initiative gestartet.  Die bekommt dann wieder einen netten englischen Titel und das Spiel geht von vorne los.

Es gibt wenig, was der Organisation mehr Motivation raubt, als dieser Umstand!

Es nervt, dass die wenigsten Führungskräfte etwas davon verstehen, wie man einen Wandel wirklich „managed“ und sauber zu Ende bringt. Das verstehen die wenigsten.  Eine neue Change-Initiative zu starten ist leicht. Sie aber durchzuführen ist die eigentliche Kunst – und das beherrschen nicht viele.  Was bei diesem Prozess völlig unterschätzt wird, ist die Tatsache, dass man hier nicht einfach eine Investition tätigt – also eine Maschine kauft oder ein andere Firma übernimmt. Beides kann man vom Schreibtisch per Unterschrift erledigen. Bei Change-Projekten geht es immer um Verhaltensveränderungen innerhalb der gesamten Organisation.

Jeder Manager, der sich mit Change auseinandersetzt, kommt zunächst an John Kotter nicht vorbei.

Der Mann hat es geschafft, dieses Thema mit einem 8-Stufen-Modell zu besetzen.

Das Modell ist im Prinzip richtig und logisch – allerdings habe ich es selten in der konsequenten Anwendung erlebt, weil es stringent in dieser Abfolge in der täglichen Praxis nicht umzusetzen ist. Jeder der in so einem Veränderungsprozess involviert ist, hat permanent 50 andere dringende Baustellen auf seinem Schreibtisch und der 8-Stufen Prozess wird früher oder später unterbrochen.

Pragmatischer ist der Ansatz über die „4 Disziplinen der Umsetzung“

Der schlagende Vorteil mit dieser Methodik ist, dass Sie ihre Veränderungsziele erreichen – und zwar trotz der 50 anderen dringenden Themen auf Ihrem Schreibtisch. Es ist keine Methodik die uns zeigt, wie man Ziele erreicht.   Das wissen wir alle wie man Ziele erreicht.

Nein – es ist eine Methodik, die uns die wichtigsten Veränderungsziele erreichen lässt, obwohl gleichzeitig der Wirbelsturm des Tagesgeschäfts durch die Flure tobt.

Also – Bleiben wir im Flow-Kanal!   Das ist gar nicht mal so schwierig….

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